5. Juni 2025 Aktuelle Projekte, Sudan

Grace – Klinische Mitarbeiterin mit Herz und Ambition

Zwischen Klinikalltag, sprachlichen Hürden und großen Herausforderungen beweist Grace, was Engagement bewirken kann.

In den Nuba-Bergen im Sudan arbeitet Grace als sogenannte Clinical Officer – eine Berufsbezeichnung, die es in Deutschland so nicht gibt. Doch was steckt dahinter?

„Ein Clinical Officer ist mehr als eine Pflegekraft, aber nicht ganz ein Arzt“, erklärt Grace mit einem ruhigen Lächeln. Sie absolvierte ihre vierjährige Ausbildung am Juba Health Science Institute im Südsudan. Die Ausbildung umfasst neben theoretischem Unterricht auch praktische Einsätze in Diagnostik, Therapie und Notfallversorgung. „Wenn kein Arzt da ist, übernimmt ein Clinical Officer diese Aufgaben. Wir lernen mehr als Pflegekräfte, besonders in der klinischen Medizin.“

Nachdem Grace zwei Jahre in Juba gearbeitet hatte, kam sie 2023 in die Nuba-Berge – in ein Krankenhaus, das von Cap Anamur / Deutsche Not-Ärzte e.V. unterstützt wird. Dort ist sie eine von nur drei Clinical Officers im gesamten Haus. Eine große Verantwortung.

Von einem Traum getragen

Grace träumte immer davon, Ärztin zu werden. „Aber das Studium ist teuer. Ich hatte niemanden, der mich sechs Jahre lang unterstützen konnte. Die Ausbildung zur Clinical Officer war die beste Option – sie ist kürzer, günstiger, aber trotzdem intensiv.“ Ihr Ziel hat sie jedoch nicht aus den Augen verloren: „Wenn ich die Chance bekomme, möchte ich ein Studium beginnen und Ärztin werden.“

Im Einsatz für Kinder

Im Krankenhaus ist Grace hauptsächlich für die Kinderambulanz zuständig. Sie untersucht, diagnostiziert, behandelt – und übernimmt bei Notfällen auch Nachtschichten. „Ich liebe es, mit Kindern zu arbeiten“, sagt sie. Die Nächte können lang und herausfordernd sein, etwa wenn Unfallopfer mit schweren Verletzungen eingeliefert werden. Ein Fall ist ihr besonders im Gedächtnis geblieben: ein junger Mann mit einer tiefen Armverletzung, bei dem Venen und Sehnen durchtrennt waren. „Wir dachten, der Arm sei verloren. Aber gemeinsam mit dem OP-Team konnten wir die Blutung stillen – und er hat sich gut erholt.“

Verantwortung und Teamgeist

Wenn Grace Nachtdienst hat, ist sie die leitende medizinische Kraft. Sie diagnostiziert, koordiniert das Notfallteam, ruft das OP-Personal und sorgt für schnelle Entscheidungen. „Manchmal ist es sehr anstrengend. Aber ich liebe meinen Beruf. Ich weiß, dass ich Leben retten kann.“

Die Zusammenarbeit mit den internationalen Ärztinnen und Ärzten von Cap Anamur schätzt sie sehr: „Sie bringen Wissen mit, das wir nutzen können. Marina hilft uns bei Kaiserschnitten und Ultraschalluntersuchungen, Dr. Mejia bei komplizierten Kinderfällen. Es ist ein wertvoller Austausch.“

Zwischen Sprachen und Kulturen

Grace stammt aus dem Südsudan, einem Land mit beeindruckender sprachlicher Vielfalt – über 50 Sprachen werden dort gesprochen. Und doch ist ihr in den Nuba-Bergen vieles neu: Die lokalen Sprachen kennt sie kaum, höchstens ein paar Wörter. „Ich lerne mit der Zeit ein bisschen dazu“, sagt sie. „Aber meistens rede ich auf Arabisch oder frage meine Kolleginnen.“ So schafft Grace Nähe – trotz aller sprachlichen Hürden.

Dankbarkeit für Cap Anamur

Für Grace ist Cap Anamur – oder  Germany Emergency Doctors (GED), wie wir im Ausland genannt werden – unverzichtbar: „GED rettet Leben. Die Ausstattung hilft, in Notfällen schnell zu reagieren. Ohne dieses Krankenhaus würden viele Menschen hier leiden. Besonders Mütter und Kinder.“

Trotz langer Schichten und großer Verantwortung bleibt Grace bescheiden, aber zielstrebig. Ihre Geschichte ist die eines stillen Engagements – und eines ungebrochenen Willens, mehr zu lernen und noch mehr zu geben.

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