Frauen fürchten um den Verlust ihrer Rechte

Die Geschehnisse in Afghanistan werden derzeit durch den NATO-Truppenabzug und das landesweite Vorrücken der Taliban bestimmt. In der Bevölkerung macht sich Angst und Hoffnungslosigkeit breit.

Besonders die afghanischen Frauen sorgen sich um ihre Rechte

Die Afghaninnen hatten in den letzten 20 Jahren einige Fortschritte erlangt, wie das Recht auf Schul- oder Berufsbildung oder den Besuch von Universitäten. Sie machen sich große Sorgen, dass mit dem Erstarken der Taliban, diese Möglichkeiten für sie künftig nicht mehr offenstehen.

Cap Anamur bildet seit 2010 Hebammen und seit 2012 auch Krankenpfleger:innen aus.

An der Ausbildung nehmen bevorzugt Frauen und Männer aus ländlichen Regionen Afghanistans teil. Nach dem Abschluss der Ausbildung gehen die Krankenpfleger:innen dann zurück in ihre Heimatdörfer um dort die medizinische Versorgung zu verbessern.

Cap Anamur unterstützt ein Nachhilfe-Projekt für afghanische Schülerinnen und Schüler

Seit 2018 unterstützen wir zudem mit einem kostenlosen Nachhilfe-Projekt die Schulbildung für afghanische Schüler und Schülerinnen. Denn Jungen und Mädchen, die ihren Abschluss nicht auf Anhieb erlangen, können nur durch kostenintensive Prüfungskurse die Abschlussprüfung erneut machen.

Das Beispiel von Fayze, einer Schülerin aus dem Projekt

Fayze hat ihren Schulabschluss mit Hilfe unseres kostenlosen Nachhilfeprojekt bestanden und wurde auch auf die Aufnahmeprüfung für die Universität durch dieses Projekt gut vorbereitet. Auch für die 19-jährige ist die drohende Machtübernahme durch die Taliban eine Tragödie. Sie studiert mittlerweile im ersten Semester BWL in Herat. Die Aufnahmeprüfung zur Universität, davon ist sie fest überzeugt, habe sie nur schaffen können, weil sie durch das halbe Jahr intensiver Prüfungsvorbereitung in unserem Nachhilfeprojekt gut gewappnet gewesen sei. „Privaten Unterricht hätte ich mir nicht leisten können. Wir sind 5 Geschwister und nur mein Vater verdient Geld, er hat es aber auch an der Bandscheibe und kann oft nicht arbeiten vor Schmerzen.“

Fayze hat es mit viel Fleiß und Mühe an die Universität geschafft, jeden Tag fährt sie bei Staub und Hitze eine Stunde von ihrem kleinen Lehmhaus zur Uni und nachmittags zurück. Zuhause warten zahlreiche Pflichten im Haushalt auf sie, bevor sie abends, etwas lernen und sich auf den nächsten Tag vorbereiten kann. „Was mache ich, wenn die Taliban, die für ihre Bildungsfeindlichkeit bekannt sind, es Frauen verbieten zur Uni zu gehen?“, fragt sie besorgt. Sie befürchte auch in eine Ehe gedrängt zu werden, wie es vor 20 Jahren oft der Fall war. Denn damals hat man die Mädchen blutjung verheiratet, damit kein Taliban Anspruch auf sie erheben konnte, denn ein Wiederspruch wäre oft für das Familienoberhaupt tödlich ausgegangen oder das Mädchen wäre Opfer einer Entführung und Zwangsheirat geworden.

Ihr Vater ist sehr stolz auf Fayze, er hat aber auch noch die Zustände von vor 20 Jahren im Kopf: „Ich würde ja auch gerne, wie der Westen glauben, die Taliban hätten sich weiterentwickelt, aber wodurch soll diese Entwicklung stattgefunden haben? Haben sie in den letzten 20 Jahren Schulen oder Universitäten besucht oder haben sie es ihren Töchtern und Frauen erlaubt?“, sagt ihr Vater.

Und damit spricht er das an, was viele Menschen in Afghanistan befürchten. Mit einem Vormarsch und der Machtzunahme der Taliban, wird eine Rückkehr zu den Lebensumständen, wie sie früher waren, stattfinden. Und diese Umstände beinhalten Verluste der Menschenrechte – besonders der Frauenrechte.

Auch Schülerinnen unseres Krankenpflegekurses sind stark verunsichert, ob und unter welchen erschwerten Bedingungen sie ihre Ausbildung beenden können.

Sinn und Unsinn des Nato-Einsatzes und den Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan wird in den letzten Wochen viel thematisiert. Eine der größten Tragödien, dass nämlich bald keine humanitäre Hilfe, kein NGO-Projekt mehr die Zivilbevölkerung erreichen wird; da noch vor dem westlichen Militär viele Hilfsorganisationen gezwungen waren, das Land und seine Bewohner ihrem tragischen Schicksal zu hinterlassen, wird eher zu wenig thematisiert.

Wir hoffen, als Cap Anamur, können wir auch weiterhin durch unsere wertvolle Arbeit und unseren verantwortungsbewussten Einsatz von Spenden, der Zivilbevölkerung in Afghanistan das Leben erleichtern und Frauen zu ihrem Recht auf Bildung verhelfen.