7. August 2015 Ukraine, Projektberichte

Cap Anamur unterstützt Krankenhäuser in der Region Luhansk-Oblast

Das von Cap Anamur unterstützte Hospital Svitlodarsk liegt in der Mitte zwischen Luhansk und Donezk, direkt an der sogenannten Zero Frontline. Das zweite Hospital liegt im Nachbarort Myroniwka. Seit Monaten ist diese Region immer wieder unter Beschuss. Die Situation ist schwierig und unkalkulierbar.

Durch die Kämpfe beschädigtes Haus in der Ostukraine.
Durch die Kämpfe beschädigtes Haus in der Ostukraine. Im Zusammenhang mit dem Konflikt der Separatistenbewegung in der Ostukraine kommt es immer wieder zu Kampfhandlungen.
Ein Bericht von Ole Hengelbrock

Nach der Evaluierungsreise des Cap-Anamur-Vorsitzenden Werner Strahl bin ich nun für sechs Wochen in der Ukraine, um die Unterstützung von Krankenhäusern zu planen. Gemeinsam mit unserem Dolmetscher und unserer Partnerorganisation habe ich in den ersten Wochen verschiedene medizinische Einrichtungen besucht und die organisatorische Basis für das neue Hilfsprojekt gelegt.

Cap Anamur engagiert sich zunächst in zwei Krankenhäusern im Osten des Landes

Das Hospital Svitlodarsk liegt in der Mitte zwischen Luhansk und Donezk, direkt an der sogenannten Zero Frontline. Seit mehreren Monaten ist diese Region immer wieder unter Beschuss. Im Nachbarort Myroniwka, wo wir ein zweites Hospital unterstützen, gab es im Frühjahr mitunter die schwersten Kämpfe in diesem Krieg – mit vielen Toten auf beiden Seiten. Noch immer sind einzelne Gebiete vermint. Zahlreiche Bewohner sind weggezogen, doch mussten dann wieder zurückkehren, da das Leben im Westen deutlich teurer ist.

Krankenhäuser im Konfliktgebiet, im Niemandsland

Beide Hospitäler waren an den Ort Debalzewe angegliedert, der rund 25 Kilometer entfernt liegt. Als Debalzewe umkämpft wurde, brachen alle behördlichen Strukturen zusammen. Damit auch die Lieferungen und Versorgung für angegliederte Krankenhäuser. So gibt es seit acht Monaten keine Unterstützung mehr in Form von Medikamenten, Materialien oder Gehältern. Auch andere Institutionen wie Schulen oder Kindergärten sind betroffen. Rentner und chronisch kranke Menschen bekommen derzeit keine Leistungen, da Svitlodarsk und Myroniwka im Niemandsland liegen, also unter keinem behördlichen Einflussbereich stehen.

Debalzewe liegt im Gebiet der Separatisten.

Die beiden Konfliktparteien stehen sich hier also direkt und aktiv gegenüber. Die Situation ist schwierig und unkalkulierbar. Es kann von der einen auf die andere Minute wieder losgehen. Trotzdem: Das Leben und die Arbeit gehen weiter. Und so kommt gut die Hälfte des Krankenhauspersonals noch immer zum Dienst, obwohl so lange kein Gehalt ausgezahlt wurde. Es ist wunderbar zu sehen, wie die Mitarbeiter den Patienten mit so viel Sympathie und Fürsorge begegnen. Andere Mitarbeiter sind aus der Region weggezogen, weil sie andernorts versuchen müssen, Geld zu verdienen. Doch bleibt erst das Personal weg, bricht auch der Krankenhausbetreib zusammen.

Wie sieht die Hilfe von Cap Anamur aus?

Unsere Hilfe ist bereits angelaufen: Neben der Auszahlung von Gehältern für die Krankenhausmitarbeiter bereiten wir gerade eine Lieferung dringend benötigter Medikamente und Materialien vor. Darin enthalten ist auch verstärkte Plastikfolie für die zerschossenen Fensterscheiben. Neue Scheiben können noch nicht eingebaut werden, da noch geschossen wird.

Zudem haben wir einen lokalen Partner gefunden, die East Ukraine Human Rights Group. Die jungen Juristen versuchen Druck auf die Regierung aufzubauen, damit sie ihren Pflichten in Zukunft nachkommt und die medizinischen Einrichtungen wieder unterstützt. Die Kooperation mit einer lokalen Organisation ist sehr nützlich: Die Menschen wissen, sich selbst zu helfen, viel besser als wir es können. Aber sie brauchen einen Partner an ihrer Seite. Den haben sie nun mit Cap Anamur gefunden.

Was uns Sorge bereitet ist die nahende kalte Jahreszeit. Viele Fensterscheiben in Kranken- und Wohnhäusern sind zerstört. Es kommt immer wieder vor, dass Strom und heißes Wasser ausfallen, da das nahe gelegene Kraftwerk unter Beschuss steht. Die Nahrungssituation wird dramatischer. Außerdem steigt das Patientenaufkommen in der Herbst- und Winterzeit. Doch die Konfliktparteien scheinen sich einzugraben. Der Krieg wird also vorerst nicht abklingen, egal was in Minsk besprochen wird.

Ich bin froh, den Menschen begegnen zu dürfen und mit ihnen Möglichkeiten gefunden zu haben, die nächsten Schritte zu gehen.”

Über Ole Hengelbrock:

Fast zwei Jahre hat der Sozialarbeiter Ole Hengelbrock für Cap Anamur das Straßenkinderprojekt Pikin Paddy in Freetown/Sierra Leone betreut. Nach Ausbruch der Ebola-Epidemie war es die wichtigste Aufgabe des 27jährigen, die ihm anvertrauten Kinder vor dem Virus zu schützen. Innerhalb weniger Wochen hat der junge Mann aus Borgloh mit dem Schutzhaus für Ebola-Waisen und Kontaktkinder ein neues Projekt auf die Beine gestellt.