7. August 2025 Aktuelle Projekte, Mosambik

Geburtshilfe in Mosambik: Einblick in die Arbeit einer Hebamme mit Cap Anamur

Hebamme Anja Hillenhinrichs begleitete für Cap Anamur 16 Monate lang Geburten in Mosambik – ein Einsatz zwischen medizinischer Geburtshilfe, traditionellen Praktiken und beeindruckender weiblicher Stärke.

Ein Gastbeitrag von Anja Hillenhinrichs, Hebamme im Einsatz für Cap Anamur in Mosambik

Von der universellen Sprache der Geburt

Meine erste Reise auf den afrikanischen Kontinent liegt lange zurück: 1989 reiste ich mit 19 Jahren allein nach Südafrika. Damals ahnte ich nicht, wie sehr mich dieser Kontinent prägen würde. Ich spürte eine intensive Lebendigkeit – ein Gefühl, das mich nie wieder losgelassen hat. Der Wunsch, eines Tages als Hebamme in Afrika zu arbeiten, entstand schon damals. Viele Jahre später wurde dieser Traum Wirklichkeit: Ich durfte Teil eines Projekts von Cap Anamur – Deutsche Not-Ärzte e. V. in Mosambik werden.

Geburtshilfe in Mosambik: Zwischen Tradition und moderner Medizin

Seit Februar 2024 war ich in der Provinz Cabo Delgado im Norden Mosambiks tätig. Mein Arbeitsalltag als Hebamme war geprägt von Gegensätzen: Auf der einen Seite moderne klinische Geburtshilfe, auf der anderen traditionelle Praktiken und ein eklatanter Mangel an medizinischen Ressourcen.

In Mosambik finden Geburten häufig unter sehr einfachen Bedingungen statt. Technische Ausstattung ist begrenzt, Schmerzmedikation kaum verfügbar, und hygienische Standards sind nicht immer gewährleistet. Frauen gebären meist ohne Schmerzmittel – begleitet von Angehörigen oder Pflegerinnen, die zwar praktische Erfahrung, aber oft keine fundierte Ausbildung haben.

Was mir zunächst fremd erschien – etwa das starke manuelle Unterstützen der Geburt durch Druck auf den Bauch – ließ sich durch behutsame Zusammenarbeit, gegenseitiges Vertrauen und interkulturellen Austausch in sicherere und sanftere Wege lenken.

Die Kraft der mosambikanischen Frauen

Tief beeindruckt hat mich die Kraft und Würde der Frauen in Mosambik. Wie sie Schmerz annehmen, Verluste bewältigen und mit überwältigender Stärke gebären – präsent im Schmerz, in der Freude und im Leben. Diese Haltung hat mich tief berührt. Sie lehrte mich, was es bedeutet, ganz im Moment zu leben – eine Fähigkeit, von der wir in Europa viel lernen können.

Humanitäre Hilfe als Hebamme: Lernen auf Augenhöhe

Ein besonders bereichernder Teil meiner Arbeit war der fachliche Austausch mit den lokalen Kolleginnen und Kollegen. Trotz sprachlicher und kultureller Unterschiede fand echte Zusammenarbeit statt: Mein Wissen wurde aufgenommen, kritisch hinterfragt und weiterentwickelt – und auch ich habe gelernt: über kulturelle Besonderheiten, spirituelle Aspekte des Gebärens und über das, was bleibt, wenn Technik fehlt.

Die Arbeit als Hebamme in Mosambik ist mit der in Deutschland kaum vergleichbar. Und doch eint uns weltweit ein tiefes Verständnis für das Wunder der Geburt – und die große Verantwortung, die damit verbunden ist.

Fazit: Geburtshilfe als Brücke zwischen Kulturen

In diesen 16 intensiven Monaten durfte ich nicht nur lehren, sondern vor allem lernen, beobachten und staunen – über die vielen Arten, wie Leben beginnt. Ich bin dankbar, Teil dieses medizinischen Hilfsprojekts in Afrika gewesen zu sein. Und ich wünsche mir, dass die Erfahrungen, der Respekt und die Offenheit, die wir im Kreißsaal geteilt haben, weiterwirken – über Ländergrenzen, Sprachen und Professionen hinweg.

„Live is for living and living is free“, sagte ich einmal.
„Live is for surviving“, antwortete mein mosambikanischer Freund.
In Mosambik habe ich beides erlebt – und beides bewahrt.


Über die Autorin

Anja Hillenhinrichs war als Hebamme für Cap Anamur 1,5 Jahre im Einsatz in Mosambik (2024–2025). Ihre Arbeit steht beispielhaft für den engagierten Einsatz von medizinischem Fachpersonal in der humanitären Hilfe.