14. Juni 2023 Sudan, Projektberichte

Frauen im Sudan – Cap Anamur verbessert die Frauengesundheit

In unserem Krankenhaus im Sudan sind regelmäßig entsandte Hebammen oder Gynäkologinnen im Einsatz. Sie unterstützen die Versorgung der schwangeren Frauen und leisten Geburtshilfe. Außerdem bilden sie lokale Hebammen weiter, die mittlerweile viele der Geburten professionell betreuen.

Cap Anamur bildet im Krankenhaus im Sudan Hebammen aus, damit diese die Frauen in der Schwangerschaft und bei der Geburt betreuen

Sophie Kellner war 8 Monate als Hebamme in den Nuba Bergen tätig. Sie berichtet über die Arbeit in unserem Krankenhaus in den Nuba Bergen und wie wichtig medizinische Hilfe in der Schwangerschaft und bei den Geburten ist.

Frauen im Sudan erhalten in unserem Krankenhaus während der Schwangerschaft und der Geburt eine intensive Betreuung

Schwangerschaft und Geburt sind eine besondere Phase im Leben einer Frau, weshalb professionelle medizinische Hilfe in dieser Zeit unerlässlich ist. In den vergangenen zwei Jahrzehnten sind weltweit etwa 10,7 Millionen Frauen an Komplikationen bei der Geburt verstorben. Mehr als zwei Drittel dieser Todesfälle ereigneten sich in Afrika südlich der Sahara. Fast alle dieser Todesfälle hätten durch die Inanspruchnahme professioneller Geburtshilfe verhindert werden können. Daher bietet Cap Anamur Frauen im Sudan mit einer eigenen Mutter-Kind-Station im Krankenhaus in den Nuba Bergen eine intensive Betreuung.

Leider hat nicht jede Frau auf der Welt die Möglichkeit, ihr Kind in Sicherheit und unter medizinischer Betreuung zu gebären. Die Folgen sind oft katastrophal und führen nicht selten zum Tod von Mutter oder Kind. Die Gründe, warum Frauen keine professionelle geburtshilfliche Versorgung in Anspruch nehmen, sind vielfältig. Die Hindernisse in den Nuba Bergen sind unter anderem der Mangel an Transportmöglichkeiten, hohe Transportkosten und die weite Entfernung zu den Gesundheitseinrichtungen. Die Frauen müssen manchmal tagelange Fußmärsche auf sich nehmen oder müssen bei geburtshilflichen Notfällen auf einem Motorrad oder sogar einem Esel zu uns ins Krankenhaus gebracht werden.

Cap Anamur betreut die Frauen im Sudan in der Schwangerschaft und bei der Geburt
Bei den Frauen im Sudan herrscht weiterhin ein hohes Risiko bei den Geburten

Obwohl die Müttersterblichkeit in den letzten Jahren weltweit deutlich zurückgegangen ist, gehört der Sudan zu den Ländern in Afrika, in denen die Geburt weiterhin mit einem hohen Risiko für die Mutter und das Neugeborene verbunden ist. Der Sudan ist seit Jahrzehnten Schauplatz eines bewaffneten Konflikts, weshalb die Region teilweise unzugänglich ist, was ein großes Risiko für die Gesundheitsversorgung der fast 2 Millionen Einwohner in den Nuba Bergen darstellt. Es mangelt an Grundlegendem, wie Gesundheitsversorgung, sauberem Trinkwasser und Bildung. Vor allem die in den Nuba Bergen lebenden Frauen leiden unter dem Konflikt: sie haben kaum oder gar keinen Zugang zu Verhütungsmitteln, angemessener Schwangerschaftsvorsorge oder geburtshilflicher Notfallversorgung. Die meisten Frauen entbinden zu Hause (91 %) und 30 % von ihnen sogar ohne jegliche Hilfe. Insbesondere im Hinblick auf die aktuellen Kämpfe im Sudan ist die Gesundheit der Menschen in großer Gefahr und die ohnehin schon prekäre gesundheitliche Situation ist massiv verschärft. Schwangere Frauen und kleine Kinder sind besonders betroffen.

Im Cap Anamur Krankenhaus betreuen entsandte Fachkräfte die Frauen in der Schwangerschaft und bei der Geburt.
Cap Anamur leistet einen maßgeblichen Beitrag zur Verbesserung der Frauengesundheit in den Nuba-Bergen

Ich hatte das Privileg als Hebamme in den Bergen eine lehrreiche und prägende Zeit zu erleben, die meinen Blick auf die Welt maßgeblich beeinflusst hat.

Dass der Zugang zu Geburtshilfe für die Frauen in den Nuba Bergen sehr erschwert ist, ist mir besonders bei einem Besuch in einem unserer Außenposten deutlich geworden. Noch nie zuvor war ich an einem so entlegenen Ort. Wir sind fast 9 Stunden lang auf Straßen in katastrophalen Zustand, durch Sandstürme, wunderschöne Palmenlandschaften und trockene, staubige Flussbetten gefahren, vorbei an zerbombten Häusern und mit Einschusslöchern übersäten Schulen – die Überbleibsel des Krieges. Manchmal ist uns stundenlang kein einziger Mensch begegnet.

Das Krankenhaus in Korongo ist wunderschön gelegen: in einem riesigen Tal, umrundet von herrlichen Bergen. Die Menschen aus dem Krankenhaus sind wahnsinnig nett und wie alle Nuba gastfreundlich. Ich teile mir mit der Hebamme und der Krankenschwester ein Zimmer mit zwei Betten, es gibt kein Strom, kein Licht, natürlich kein Internet, kein fließendes Wasser, kaum medizinisches Equipment und an Medikamenten nur das, was wir mitgebracht haben. In der Nacht rief mich die Hebamme in die Maternity und bat um Hilfe, da sie sich bei einem Untersuchungsbefund nicht sicher war. Leider gab es kein Ultraschall-Gerät, um die Lage des Kindes zu ermitteln und zum Feststellen der kindlichen Herztöne gab es nur ein Hörrohr aus Holz. Nur durch unser originäres Hebammenhandwerk – Ertasten des Kindes durch die Bauchdecke – stellten wir fest: es sind Zwillinge und das führende Kind lag in Beckenendlage, also mit dem Steiß voran, was eine große geburtshilfliche Schwierigkeit darstellte. So stand ich vor diesem geburtshilflichen Notfall, ohne medizinisches Equipment, ohne ein chirurgisches Backup und das nächste Krankenhaus in 9 Stunden Fahrt entfernt! Mir war klar: wenn ein Kaiserschnitt als lebensrettende Maßnahme nötig sein sollte, werde ich der Frau beim Sterben zugucken müssen.

Die Geburt des ersten Kindes dauerte sehr lange und war kompliziert. Als der kleine Junge geboren wurde benötigte er unsere Unterstützung, da er nicht suffizient atmen konnte. Zum Glück ist die Hebamme Khaltouma eine großartige und sehr erfahrene Hebamme und wir können trotz sprachlicher Barrieren sehr gut zusammenarbeiten. Als auch der zweite Zwilling endlich geboren wurde konnten wir der erschöpften Mutter beide Kinder gesund in die Arme legen und ich konnte aufatmen. Ich glaube, dass ich noch nie zuvor so erleichtert war!

Cap Anamur leistet für die Frauen im Sudan eine intensive Betreuung in der Schwangerschaft und bei der Geburt
Unsere Bemühungen vor Ort werden am besten mittels Spenden unterstützt! Bitte mit dem Verwendungszweck „SUDAN“. Danke!